Die Fachkräftesituation in der Bäckereibranche ist weiter angespannt. Laut Schätzungen des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks e. V. bleiben im Jahresdurchschnitt rund ein Drittel der offenen Stellen bei der Ausbildung aktuell unbesetzt – Tendenz steigend. Aber nicht nur beim Nachwuchs sieht es mau aus. Viele Bäckereien suchen händeringend Fachpersonal für den Verkauf. Umso ärgerlicher, wenn eine neue Verkäuferin gefunden wurde und diese bereits nach kurzer Zeit wieder kündigt. Diesem Phänomen lässt sich durch einen strukturierten Onboarding-Prozess nachhaltig entgegenwirken. Wie funktioniert Onboarding und was gilt es dabei zu beachten?
Der Begriff Onboarding stammt aus dem Personalmanagement und bedeutet so viel wie „an Bord holen“. Dabei handelt es sich um eine strukturierte Einarbeitung, die es einem Neuzugang erleichtern soll, im Team und im neuen Arbeitsumfeld Fuß zu fassen. „Wir erleben immer wieder, dass neue Verkäuferinnen schnell ihrem Schicksal überlassen werden und in der Folge frühzeitig kündigen“, kritisiert Markus Pflüger, Geschäftsführer der Augsburger Trainingsagentur Hullimogulli, das Vorgehen mancher Betriebe.
Sven Pawlitschko, gleichfalls Geschäftsführer bei Hullimogulli und als Feelgood-Manager für die Kreativleitung zuständig, ergänzt: „Der Schlüssel um Fachkräfte zu halten, liegt schlicht darin, dass sich neue Mitarbeiter in den ersten Tagen und Wochen gut betreut fühlen müssen.“ Auch sollten die Führungskräfte unbedingt dafür Sorge tragen, dass es der neuen Verkäuferin leicht gemacht wird, den Kontakt zum Bestandsteam aufzubauen, rät Pawlitschko und verweist auf die wichtige soziale Komponente.
Die drei Phasen des Onboarding
Onboarding ist ein zentraler Aspekt der Mitarbeiterbindung und Bestandteil einer attraktiven Arbeitgebermarke. Gerade in Bäckereibetrieben, in denen regelmäßig neue Mitarbeiter eingestellt werden, ist ein gut durchdachtes Onboarding von großer Bedeutung. So können die neuen Kollegen schnell ins Team integriert werden und sich von Anfang an wertgeschätzt fühlen. Pflüger und Pawlitschko empfehlen ihren Kunden für ein gelungenes „an Bord holen“ folgende drei Phasen:
- Das Probearbeiten ist der erste Meilenstein. Die Filialleitung und das ganze Team sind ausreichend informiert, dass eine neue Kollegin anfängt. Eine halbe Arbeitsschicht reicht meist für ein Probearbeiten aus. Die Teamleitung ist dafür verantwortlich, für ein angenehmes und entspanntes Klima zu sorgen. Nur dann fühlt die Bewerberin sich wohl und es lässt sich beurteilen, ob ein neues Verkaufstalent vor einem steht. Nach der Probearbeit sollte sich die Teamleitung mindestens 15 Minuten Zeit nehmen, um das Erlebte zu reflektieren und die weiteren Schritte zu besprechen.
- Der nächste wichtige Schritt ist der erste Arbeitstag. Idealerweise startet die neue Kollegin zu einer Tageszeit, bei der es ein wenig ruhiger zugeht. Dienstkleidung, Namensschild und Spind werden von der Teamleitung freundlich bereitgestellt. Diese nimmt sich Zeit, heißt die Neue herzlich willkommen und stellt sie allen vor. Der Fokus sollte zunächst auf dem Verkauf und dem Kennenlernen der anderen im Verkaufsteam liegen. Die Vermittlung durchaus wichtiger Handgriffe wie das Bedienen der Kaffeemaschine, der Kasse, Backen usw. hat nicht oberste Priorität, sondern geschieht eher beiläufig. Am Ende des Arbeitstages ist ein Gespräch mit der Teamleitung wichtig, um die ersten Eindrücke zu besprechen. Dies gibt dem Neuzugang das gute Gefühl, dass Anfangsschwierigkeiten normal sind und jeder andere ebenfalls diese Phase durchlebt hat.
- Nun beginnt die vier- bis achtwöchige Einarbeitung. Dies ist die sogenannte Prägephase, in der Routinen angelegt werden und sich Verhaltensmuster einspielen. In dieser Zeit ist es enorm wichtig, eng am Mitarbeiter zu bleiben, regelmäßig Feedback-Gespräche zu führen, kleine Abweichungen freundlich zu korrigieren und immer wieder das „große Ganze der Bäckerei“ zu wiederholen. Für die faktische Einarbeitung ist eine sinnvolle und klare Prioritätenliste wichtig, um die neue Mitarbeiterin nicht zu überfordern. Auch in den ersten Wochen sollte der Fokus auf dem Gast und dem Verkaufen liegen. Danach erst kommen gut strukturiert und in kleinen Häppchen das Erlernen weiterer Standardaufgaben in einer Bäckerei hinzu. Ein „Laufzettel“ dient dabei als Leistungsnachweis für eine gut ausgebildete Fachverkäuferin.
Langfristiges Ziel: Mitarbeiter binden
Einige Bäckerei-Betriebe haben auf Basis der Idee des Onboarding ihr eigenes Konzept entwickelt. So etwa die Hamburger Familienbäckerei Kolls (19 Filialen), die Onboarding gerne als Mini-Event für die Neuzugänge gestaltet. Das beschreibt Geschäftsführerin Julia Neundorf wie folgt: „Jeden neuen Mitarbeiter möchten wir möglichst schnell an uns als Familienbäckerei binden. Dafür laden wir jeden Neuzugang innerhalb der ersten Wochen zu einem Treffen in unsere Zentrale ein. Hierbei tauschen wir uns über die ersten Erfahrungen aus, präsentieren uns als zusätzliche Ansprechpartner und bieten im Anschluss eine Backstuben-Führung an. Dabei geben wir Einblick in unsere Back-Tradition und stellen unsere Bäcker vor.“
Fazit: Im aktuellen Arbeitsmarkt konkurrieren Bäckereien um die wenigen Bewerber. Wollen sie Mitarbeiter langfristig binden, ist es wichtig, dass ein gutes Arbeitsklima herrscht und die Verkäuferinnen dort gerne arbeiten. So verstanden, kann ein strukturiertes Onboarding den ersten Baustein strategischer Mitarbeiterentwicklung bilden. „Wenn eine neue Kollegin am Ende der Einarbeitungszeit sagt, dass sie sich im Unternehmen wohl fühlt, ist das erste Etappenziel für eine langfristige Mitarbeiterbindung erreicht“, so die langjährige Erfahrung der beiden Experten von Hullimogulli.
Bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung hat die Augsburger Trainingsagentur in den letzten Jahren eine Reihe von Firmen unterstützt, darunter der Bäcker Feihl, Goeken backen, Padeffke, Kolls und Kistenpfennig.
Weitere Infos unter: www.hullimogulli.de
Bildunterschriften
Julia Neuendorf (Geschäftsführung Kolls) und Sven Pawlitschko (Geschäftsführung Hullimogulli) begrüßen die Teilnehmer eines Onboarding-Events in der Zentrale. (Foto: Hullimogulli)
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